Wasserburger Zeitung, 29. Jan 13
Die Oboe und die Stoppuhr
Musiklehrstunde für Kinder mit Heinrich Klug in Wasserburg
Wer von den jungen Menschen von heute hat noch Zugang zu den bekannten klassischen Balladen wie den "Zauberlehrling", einst salbungsvoll vom Deutschlehrer exerziert? Doch Goethe hat ihn vielleicht gar nicht für das Gymnasium geschrieben, sondern für seinen neunjährigen Sohn August. Und so lag es natürlich nahe, dass Heinrich Klug, für seine alljährlichen Vorstellungen in Wasserburg und Rosenheim schon bekannt, diese Ballade und die Musik hierzu für die diesjährige Kinder-Lehrstunde auswählte.
War die Musik von Paul Dukas selbst schon reichlich kompliziert fürs Ohr, so packte Heinrich Klug noch modernere Töne dazu: Die Variationen für die verschiedenen Soloinstrumente des Orchesters des Fast-noch-Zeitgenossen Alberte Ginastera strotzen von schrägen Harmonien, deren dissonanten Charakter man jedoch kaum als aggressiv empfindet.
Kinder sind unvoreingenommen, und so sangen sie sofort mit, wenn der Zauberer Klug ihnen die schmissigen Themen als Song in den Mund legte. Heinrich Klug ist fast ein Musikclown, etwa wenn er beim Vorstellen der Instrumente, und hier bei der Oboe und deren schier endlos gehaltenen Ton die Uhr zückt, um das Ende des Spieleratems abzustoppen. Da erinnert man sich an den berühmten englischen Musikkomiker Gerard Hoffnung. |
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Heinrich Klug ist versierter Dirigent dazu. Sein verkleinertes Orchester hat er sicher in der Hand - auch bei gelegentlichen Unschärfen des ad hoc zusammengestellten Instrumentariums.
Aber die jungen von den Münchner Philharmonikern gesponsorten Musiker ließen all ihr Können hören - und auch sehen. Wenn das nicht Unterhaltung für die Hunderten von Kleinen im Saal war!
Nach der Pause gab es dann doch noch eine Deutschstunde: Der junge Sprecher zelebrierte Goethes Ballade, und dann legte Heinrich Klug los: Aus den Themen, den Motiven - der Zauberspruch, der Besen, das Wasser - ließ er Wort für Wort des Textes musikalisch Gestalt werden, so drastisch, dass am Schluss beim Durchspielen des Geniestreichs von Paul Dukas die Erinnerung all das nachvollziehen ließ, was zuvor als "Lehrstunde" präsentiert wurde. Ein Stück für das volle Orchester, von 14 Instrumen-talisten zündend gespielt - welche Leistung!
Hätte bei Paul Dukas' Besenmotiv und bei Ginasteras Malambo-Tanz nicht das rhythmische Element dominiert, und hätte Heinrich Klug nicht alles in kindgerechte Sprache übersetzt, wäre das alles von den Kindem so bereitwillig aufgenommen worden? So sammelten sich beim Besichtigen der Instrumente in der Pause die Kinder in einer regelrechten Traube hauptsächlich um die Pauken und ihren Schlagzeuger.
Robert Engl |